|
Bach and moreVariationen zu Johann Sebastian BachInterpret: Volker Braun (Oboe, Englischhorn, Klavier), Andreas Buchmann (Bass), Heiko Jung (Percussion) Verlag/Label: Auris Subtilis 5038-2000 Rubrik: CDs erschienen in: das Orchester 12/2009, Seite 68 |
„Miles and more“ lockt den Vielflieger, Bach and more den Jazz-freund mit Hang zu Bach oder den Bach-Verehrer, der gerne einmal mit dem Fuß wippt. Das Volker-Braun-Trio
aus Chemnitz verwandelt Sätze aus Bach’schen Ouvertüren, Partiten und Suiten in flüssig gespielten Jazz, zumeist nach dem altbekannten Schema: Thema zum Swingen bringen, Improvisationen über
thematisches Material oder harmonische Modelle, Rückkehr zum Thema. Hitzige Entwicklungen, scharf gewürzte Passagen, Exzentrisches bleiben allerdings außen vor. Musterbeispiel: die Neufassung der
Bourrée I und II aus der Ouvertüre in C-Dur BWV 1066.
Im ersten Teil folgen Volker Braun (Klavier), Andreas Buchmann (Kontrabass) und Heiko Jung (Schlagzeug) noch den Bahnen der Bach’schen Thematik, peppen sie aber bereits mit Walking-Bass, dezenter
Percussion und wippender Rhythmik auf, bevor die imaginäre Bühne für elegante Klavierimprovisationen frei gegeben wird. Die spielerischen Qualitäten der Musiker stehen außer Frage. Wer schon
vieles aus dem Genre „Bach goes Jazz“ gehört hat, wird hier aber kaum Überraschendes vernehmen, sich jedoch am Einfallsreichtum der Improvisation und der Professionalität des Zusammenspiels
erfreuen können. „Kenner allein können Satisfaction erhalten“, doch auch „Nichtkenner werden zufrieden sein, ohne zu wissen, warum“, um es mit Mozart zu sagen. Gleiches gilt auch für die Version
der Badinerie aus der Suite Nr. 2 in h-Moll, in der lustvoll mit Pausen und rhythmischen „Stolpersteinen“ gearbeitet wird, oder die Partita in g-Moll BWV 1013 (ursprünglich in a-Moll für Flöte,
hier in der Fassung einen Ton tiefer für Oboe), allerdings mit der Besonderheit, dass immer dem Bach’schen Original die Neuinterpretation durch Jazztrio gegenübergestellt wird. So erlebt also die
barocke Praxis des Double, der variierten Wiederholung eines Tanzsatzes, gewissermaßen ihre Wiederaufstehung aus dem Geist des Jazz.
Die Oboe in dieser Partita spielt Volker Braun. Der ist im Hauptberuf Solo-Oboist in der Robert-Schumann-Philharmonie in Chemnitz und frönt nebenher seiner Leidenschaft als Jazzpianist. Und diese
Doppelbegabung zu erleben, macht zweifellos einen Reiz der CD aus. Brauns Oboenspiel ist untadelig, tonschön, wunderbar organisch und durchdacht. Voller Poesie und Zartheit etwa entfaltet sich
die Sarabande. Ob die unmittelbar anschließende Soft-Variante mit Jazz-Trio da noch etwas Neues zu sagen hat, muss jeder selbst entscheiden. Für Braun jedenfalls lohnt sich die improvisatorische
Erkundung, denn Bachs „Solopartiten und -suiten sind im Prinzip notierte Improvisationen“, wie er im Beiheft erläutert. Also auch Bachs Cellosuite in G-Dur. Die ist auf dieser Einspielung
allerdings (fast) im Original vertreten: als Bearbeitung in C-Dur für Englischhorn. Und das spielt niemand anderes als – Volker Braun, mit ebenso viel Delikatesse und Hingabe. Dass er in der
Schlussnummer, Bachs berühmter Air, sich als Oboist selbst auf dem Klavier begleitet, rundet die CD mit einem sympathischen Auftritt ab.
Mathias Nofze
|